Das Wichtigste in der Kunst ist der Rahmen.
Denn ohne diesen Rahmen würden wir nichts sehen.Robert Musil
Im Wiener Gerngross entfaltet Ladislav Černý seine UNVERHÜLLTE GEGENWART, ein Aufbegehren gegen die Gleichgültigkeit, eine Einladung zum Sehen, als wäre es das erste Mal. Kunst, die den Rahmen sprengt, um uns zu zwingen, hinzuschauen, wirklich hinzuschauen. Kommen, sehen, verstehen.
In den 140 Jahre alten Hallen des Traditionskaufhauses Gerngross in Wien, dort, wo einst der Konsum die Kultur zu verschlingen drohte, findet nun eine Wiederauferstehung der Kunst statt, orchestriert von der BURN-IN Galerie, die Ausstellung UNVERHÜLLTE GEGENWART für den slowakischen Künstler Ladislav Černý konzipierend. Ein kühnes Unterfangen, das sich in die Architektur der Konsumtempel einschreibt, diese transformiert, nicht mehr nur ein Ort des Kaufens, sondern des Innehaltens, des Sehens, des Erlebens. Und was erlebt wird, ist nicht weniger als eine Offenbarung – eine Offenbarung von Černýs Welt, die uns zwingt, die Augen nicht vor der Gegenwart zu verschließen, sondern sie, entblößt und unverhüllt, zu betrachten.
In der Mitte dieser Konstellation von Raum, Kunst und Betrachter steht das Zitat von Robert Musil: „Das Wichtigste in der Kunst ist der Rahmen. Denn ohne diesen Rahmen würden wir nichts sehen.“ Musil, der Meister der Unschärfe, weist uns darauf hin, dass der Kontext, der Rahmen, in dem wir Kunst wahrnehmen, essentiell ist, ja fast ebenso bedeutsam wie das Kunstwerk selbst. Černýs Ausstellung bei BURN-IN im Gerngross, ein Ort, der mit den Konnotationen des Kommerziellen, des Alltäglichen beladen ist, bildet nun diesen Rahmen, der die Kunst in ein neues Licht rückt. Der Rahmen ist hier nicht nur physisch – der goldene Rand um ein Bild –, sondern metaphorisch, ein gesellschaftlicher, kultureller Kontext, der die Werke umgibt, durchdringt, ihnen Bedeutung verleiht.
Vernissage
BURN-IN lädt zur Ausstellungseröffnung am 18. April 2024 18 Uhr.
Location
BURN-IN Galerie im Gerngross 2. OG | 1070 Wien, Mariahilfer Straße 42-48
Die Werke Černýs – es werden mehr als zwanzig Großformate und einige Skulpturen in der Schau gezeigt - darunter das bemerkenswerte Ensemble Nemesis, wo eine mit Patronenhülsen gefüllte Badewanne im Dialog mit dem expressiven Großformat kommuniziert, Diskurs mit Hermann Nitsch oder der Boxer – sprechen von einer tiefen Auseinandersetzung mit dem Menschlichen, dem Archetypischen, dem Existentiellen. Sie reflektieren Leben und Tod, Liebe und Leid, die ewigen Polaritäten unseres Seins. In diesen Werken, die bereits in der sakralen Stille der Synagoge in Nitra und im kunstvollen Dialog mit der slowakischen Kunstszene im Kunstverein Familie Montez in Frankfurt resonierten, findet sich eine Sprache, die über das Wort hinausgeht. Černý spricht in Farben, in Formen, in Materialien – Acryl, Holz, Stahl – und in jeder Entscheidung, jedem Pinselstrich, jedem Hammerschlag liegt eine Bedeutung, ein Kommentar, eine Frage.
Diese Werke, kraftvoll in ihrer Aussage, explosiv in ihrer Farbgebung, monumental in ihrer Form, sind nicht nur Objekte der Betrachtung, sondern Teilnehmer an einem Diskurs, den Černý mit uns, den Betrachtern, führen möchte. Sie zwingen uns, den Rahmen, in dem wir sie sehen, zu hinterfragen – nicht nur den physischen Rahmen des Gerngross, sondern auch den Rahmen unserer eigenen Wahrnehmung, unserer Vorurteile, unserer kulturellen und historischen Prägungen.
Die UNVERHÜLLTE GEGENWART ist daher mehr als eine Ausstellung; sie ist ein Ereignis, ein Eingriff in den Raum und in die Zeit. Durch die Präsentation seiner Werke in einem so unkonventionellen Rahmen bricht Černý mit den Konventionen der Kunstwelt und fordert uns auf, dies ebenfalls zu tun. Er erinnert uns daran, dass Kunst überall sein kann, dass der Rahmen, den wir ihr geben, sie entweder einengen oder befreien kann. In den Räumen des Gerngross sehen wir Černýs Werke neu – nicht als isolierte Objekte, sondern als lebendige Teilnehmer an einer fortwährenden, notwendigen Konversation über das, was es bedeutet, in unserer Zeit, in unserer Welt, Mensch zu sein.
So wie Musil den Rahmen als essentiell für das Sehen erkannte, so erkennt Černý ihn als essentiell für das Verstehen. In UNVERHÜLLTE GEGENWART wird dieser Rahmen nicht nur sichtbar, sondern selbst zum Gegenstand der Reflexion, zum Mittel der Erkenntnis. Durch die kühne Wahl des Ortes und die sorgfältige Kuratierung der Werke lädt BURN-IN uns ein, den Rahmen neu zu sehen, zu hinterfragen und letztlich zu verstehen, dass Kunst – und Leben – immer eine Frage des Kontexts, des Rahmens, in dem wir sie erleben, ist.
#KunstTRANSFER
Atypische Räume, weltpolitische Lagen, unverhüllte Gegenwarten.
Als Galeristin, die den Mut besitzt, unkonventionelle Wege zu gehen, ist es eine wahre Freude und Bereicherung, mit Künstlern wie Ladislav Černý zusammenzuarbeiten – Künstlern, die Experimente wagen und die Grenzen des Gewöhnlichen sprengen, kurzum, die sich trauen, ihre Kunst auch in atypischen Räumen zu präsentieren.
Černý, dessen Werk zweifellos in den renommiertesten Museen dieser Welt einen Platz finden könnte, wagt den mutigen Schritt in das Wiener Traditionskaufhaus, ohne dabei seine künstlerische Integrität zu verlieren. Er beweist, dass wahre Kunst keine Angst vor dem Alltäglichen hat, sondern vielmehr die Kraft besitzt, diesen Raum zu transformieren und neu zu definieren. Das gewählte Zitat von Musil – „Das Wichtigste in der Kunst ist der Rahmen. Denn ohne diesen Rahmen würden wir nichts sehen.“ – spiegelt perfekt die Philosophie hinter unserer aktuellen Ausstellung UNVERHÜLLTE GEGENWART wider. Sie unterstreicht die Bedeutung des Kontextes und demonstriert eindrucksvoll, dass die Bespielung eines von tausenden Besuchern frequentierten Einkaufstempels als zeitgenössischer Kunstschauplatz die Wahrnehmung der Kunstwerke selbst beeinflusst und bereichert.
Seit dem Jahr 2019 ist es mir ein Privileg, mit Černý zusammenzuarbeiten. In allen Präsentationen schufen wir Räume, die den Dialog zwischen Kunst und Betrachter immer wieder aufs Neue entfachten. Es ist eine Freude und ein Ansporn, Seite an Seite mit solch einem mutigen Vordenker, expressiven Maler, starken Bildhauer und last but not least Freund arbeiten zu dürfen und das Publikum zu begeistern.